Silber erklimmt inzwischen fast täglich neue Rekordwerte. Die Rallye mutet schon fast unwirklich an. Doch sie könnte noch weitergehen, denn der Hype hat fundamentale wie strukturelle Ursachen. Die ersten Analysten halten das Erreichen der 100 Dollar-Marke für möglich.
Silberpreis-Anstieg und kein Ende in Sicht!
Der derzeitige Anstieg des Silberpreises ist das Ergebnis einer gleichzeitigen Konvergenz von monetären Veränderungen, einer steigenden industriellen Nachfrage und geopolitischen Umstrukturierungen. Um dies zu verstehen, kann man Silber als eine Brücke zwischen den Welten betrachten: auf der einen Seite steht das alte Währungssystem, das immer mehr an Glaubwürdigkeit verliert. Eine galoppierende Staatsverschuldung (USA, Japan, Frankreich etc.) und die hartnäckige Inflation könnten einen Cocktail bewirken, der harte Assets zum Gewinner der Transformation macht. Und auf der anderen Seite steht die moderne Welt mit Erneuerbaren Energien und dem KI-Boom im Technologiesektor, bei denen das Metall mit seinen besonderen Eigenschaften unersetzlich ist.
Es gibt zu wenig Silber – und zwar seit Jahren
Doch zurück auf Los. Der Silbermarkt befindet sich bereits seit Jahren im Defizit. Sprich: Es wird nicht genug Silber durch Bergbau oder Recycling bereitgestellt, um den Bedarf der Industrie oder der Juweliere zu decken. Laut dem Silver Institute wird das Defizit in diesem Jahr bei rund 149 Mio. Unzen liegen (siehe hier). Der Gesamtmarkt entspricht rund 1,05 Mrd. Unzen Silber; der Mangel ist mit deutlich mehr als 10 Prozent also nicht unerheblich. Das geschieht, obwohl die Minenproduktion auch dieses Jahr wächst und mit 844 Mio. Unzen ein Siebenjahreshoch erreichen dürfte (siehe hier). Und da fangen die Probleme an: Denn eine gesteuerte Silberproduktion gibt es nicht. Etwa 25 Prozent der Förderung stammt tatsächlich aus Silberminen. Die anderen drei Viertel an Silber werden als Beiprodukt, hauptsächlich in Gold-, Zink- oder Kupferminen gewonnen, wie die folgende Graphik zeigt:

Und in diesen Minen spielt Silber nur die Nebenrolle. Das bedeutet, dass man die Silberproduktion nicht einfach ankurbeln kann, ohne diese Grundmetallindustrien auszubauen, und angesichts der weltweit rückläufigen Investitionen im Bergbau ist die Angebotselastizität nahezu null. Dementsprechend gibt es auch an der Börse nur wenige reine Silverproduzenten oder -explorer. Es gibt einfach zu wenige echte Silberlagerstätten.
Woher kommt das Silberdefizit?
Für das Defizit gibt es aber vor allem einen Grund: Silber selbst. Die wichtigsten Eigenschaften von Silber sind seine herausragende elektrische und thermische Leitfähigkeit, seine hohe Dehnbarkeit und Formbarkeit sowie sein Glanz. Silber kristallisiert kubisch-flächenzentriert, hat eine Schmelztemperatur von 961 °C und eine Siedetemperatur von 2212 °C. Es reflektiert Licht sehr gut und besitzt antibakterielle und antimikrobielle Eigenschaften. Silber ist weich und lässt sich daher leicht zu dünnen Drähten oder Folien verarbeiten.
Solar & Elektronik treiben die Nachfrage an
Entscheidend ist dabei die Verwendung von Silber in der Elektronik- und der Solarindustrie. Silber hat sich still und leise zum Rückgrat der Revolutionen im Bereich saubere Energie und Technologie entwickelt. Die Nachfrage nach Solarzellen hat sich innerhalb eines Jahrzehnts verdreifacht, und neue Photovoltaikzellen-Designs verbrauchen mehr Silber pro Einheit, nicht weniger. Auch Elektrofahrzeuge, Leistungselektronik und 5G-Infrastruktur verbrauchen immer größere Mengen. Das Angebot kann jedoch nicht Schritt halten, wie oben dargestellt. Die Lagerbestände an den beiden führenden Handelsplätzen, der COMEX in New York und der LBMA in London, befinden sich nahe ihrem Mehrjahrestief, was selbst bei moderaten Nachfrageschüben die Voraussetzungen für Preisspitzen schafft. Aktuell gibt es vor allem um London viele Gerüchte. Dort könnte es zu einem Short Squeeze kommen, heißt es, weil nicht genug Silber verfügbar ist und einige Marktteilnehmer dringend Barren bräuchten, um ihre Lieferverpflichtungen zu erfüllen.
Keine Lust mehr auf den Dollar
Auf der monetären Seite wenden sich die Anleger wieder Sachwerten zu, da das Vertrauen in klassische Geldsystem wie den Dollar massiv schwindet. Die globale Verschuldung hat ein Rekordhoch erreicht, die Zentralbanken reduzieren stillschweigend ihr Engagement in Staatsanleihen und die Realrenditen drehen sich um. Zuletzt zeigte die politische Entwicklung in Japan, was der Bondmarkt von immer mehr Schulden hält. So wurde mit Sanae Takaichi von der Regierungspartei LDP erstmals eine Frau in dieses Amt gewählt. Die 64-Jährige steht für einen rechtskonservativen Kurs (“Abenomics”), was in Nippon vor allem eins bedeutet: Weiter-so mit immer neuen Schulden. Sofort zogen die Renditen der japanischen Bonds af Rekordwerte an. Lat Schätzungen geht jeder sechste Yen im Staatshaushalt inzwischen für Zinsen drauf. Die USA wiederum haben in den vergangenen zwölf Monaten allein 1,22 Billionen US-Dollar für Zinsen auf ihre Schulden bezahlt. Im laufenden Hauhaltsjahr soll das Minus rund 2 Billionen US-Dollar betragen. Von Haushaltsdisziplin ist keine Rede, stattdessen explidieren die Defizite. Inzwischen übersteigen die Ausgaben für Zinsen sogar das Militärbudget der US-Amerikaner. Laut dem britisch-amerikanischen Wirtschaftshistoriker Niall Ferguson ist das Überschreiten dieser Schwelle stets der Anfang vom Ende der Großreiche in der Geschichte der Menschheit gewesen.

Silber im Schlepptau von Gold
In solche Situationen steigt stets die Nachfrage nach Gold. In früheren Zyklen dauerte es dann eine Weile, bis der Silberpreis nachzog. In diesem Bullenmarkt scheint es ähnlich zu verlaufen. Zuletzt hat Silber merklich aufgeholt und zeigt die größere Dynamik im Vergleich zum “großen Bruder”. Historishc gesehen erfolgt die Rallye bei Silber dann quasi wie mit Hebelwirkung. Auslöser ist diesmal (wie immer?) die Aussicht auf Zinssenkungen durch die Federal Reserve. Als sich die Liquiditätserwartungen verschoben und Zinssenkungen zu einer realen Chance wurden, floss Kapital in das monetäre Metall mit dem höchsten Beta: Silber. Nun holt es gegenüber Gold auf und passt sich an eine Welt mit schwächerem Dollar und einer bevorstehenden neuen Inflationswelle (?!) an. Kommt es so, steht die nächste geldpolitische Lockerungswelle der Notenbanken vor der Tür.
Die Geopolitik verändert alles!
Die geopolitische Ebene verstärkt diese Effekte noch. Die Lieferketten für kritische Mineralien fragmentieren sich aufgrund der Rivalität zwischen den USA und China, wobei die Länder den Zugang zu Ressourcen und deren Produktion als Waffe einsetzen. China hat bereits die Ausfuhr von Gallium, Germanium und Graphit beschränkt, die alle für die Energiespeicherung und Elektronik unerlässlich sind. Solche Maßnahmen könnten sich auch auf die Silberveredelungskette ausweiten. Unterdessen bemühen sich westliche Nationen um eine freundschaftliche Metallversorgung, wie neue trilaterale Rahmenwerke wie die Minerals Security Partnership zwischen den USA, Japan und Südkorea zeigen. Dieser Reshoring-Trend treibt Spekulationskapital in Richtung kritischer und knapper Metalle, und Silber erfüllt beide Kriterien. Das die USA es diesmal Ernst meinen, zeigen die jüngsten Meldungen: So stelt das Department of War (DoW; Kriegsministerium der USA) rund 1 Mrd. US-Dollar bereit, um in kritische Metalle zu investieren und so die Versorgung des Landes zu sichern. Zuvor hatte man bereits direkt oder indirekt in die Unternehmen MP Materials (Seltene Erden), Lithium Americas (Lithium) und Trilogy Metals (Kupfer & Kobalt) investiert. MIt weiteren Investments dieser Art wird gerechnet.
Fazit: Die Rallye bei Silber ist Folge einer multidimensionalen Neubewertung, die monetäre, industrielle und strategische Aspekte umfasst. Die Welt wird sich zunehmend bewusst, dass Silber sowohl für die digitale Wirtschaft als auch für die Energiewende unverzichtbar ist. Wenn diese Kräfte weiterhin aufeinander abgestimmt bleiben, könnte sich der Markt auf eine nachhaltige Bewegung in höhere Kursregionen einstellen. Die ersten Analysten haben bereits die Feder geschwungen und neue Kursziele ausgegeben: So rechnen die Marktexperten von BNP Paribas damit, dass Silber bis Ende 2026 auf 100 US-Dollar je Unze steigt. Das wäre vom aktuellen Niveau aus eine glatte Verdopplung.
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