Dienstag , 3 Dezember 2024

Tourmaline Oil: Spekulation auf einen höheren Erdgaspreis!

Die Gasmärkte spielten 2022 in Folge des Ukraine-Kriegs verrückt. Davon profitierte auch die Aktie von Tourmaline Oil. Die Kanadier sind einer der größten Gas-Förderer Nordamerikas. Die Aktie bietet viel Dividende und eine niedrige Bewertung. Noch dazu scheinen die Chancen auf höhere Gaspreise gestiegen zu sein.

Erdgas: Vom Rand in den Mittelpunkt

Erdgas war Jahre und Jahrzehnte aus Anlegersicht uninteressant. Es war billig und im Überfluss vorhanden, in Nordamerika deckte der Preis oft kaum die Produktionskosten. Der Ukraine-Krieg und die Russland-Sanktionen des Westens haben die Situation radikal verändert. Auf einmal war dieser Rohstoff ein knappes Gut, der Preis hat sich 2022 vervielfacht – schlecht für die Verbraucher, extrem lukrativ für die Gasförderer und deren Aktionäre. Öl und Gas kamen seit Herbst 2022 von den im vergangenen Jahr erreichten Rekordständen allerdings deutlich zurück und markierten vor wenigen Wochen ein Tief. Damit sanken auch die Aktienkurse der in diesem Bereich aktiven Unternehmen. Es wird diskutiert, ob bzw. wann sich der Wiedereinstieg lohnt. Denn nach Kennzahlen wie KGV, Kurs/NAV und Dividendenrendite ist dieser Sektor attraktiv. Tourmaline Oil, Kanadas größter und Nordamerikas fünftgrößter Erdgasförderer, ist eine Überlegung wert.

Tourmaline Oil Gas Wells LNG UKraine
Graphik: Im Westen Kanadas ist mit Tourmaline Oil einer der größten Gasförderer Nordamerikas enstanden. Quelle: Tourmaline OIl

Mike Rose: Eine imposante Erfolgsgeschichte

Tourmaline Oil (42,34 Euro | CA89156V1067) ist keine Aktie, die jeder Anleger kennt. Das Unternehmen hat aber eine interessante Geschichte, die mit einem Namen verbunden ist: Michael „Mike“ L. Rose. Der heute 65jährige gründete Tourmaline Oil, ist President, CEO und Chairman und wurde im vergangenen Jahr in Anerkennung seines Lebenswerks mit dem Canada Lifetime Achievement Award ausgezeichnet.

Erfolgeiche Exit-Strategie des Managements

Mit Jahrzehnten an Berufserfahrung und einigen spektakulären Erfolgen gehört Mike Rose zu den legendären Veteranen der nordamerikanischen Öl- und Gas-Industrie. Nach Abschluss seines Studiums im Jahr 1979 arbeitete er für Shell Canada, wo er tiefe Einblicke in die Erdgasfelder von Alberta und British Columbia erhielt. 1993 verließ er Shell und gründete Berkeley Petroleum. Im Jahr 2001 verkaufte er das Unternehmen für 1,5 Mrd. kanadische Dollar an Anadarko. Noch im selben Jahr gründete er Duvernay Oil und verkaufte dieses Unternehmen dann 2008 für 5,9 Mrd. CAD an seinen früheren Arbeitgeber.

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Im August 2008 gründete Mike Rose zusammen mit dem bewährten Führungsteam von Berkeley Petroleum und Duvernay Oil sein drittes Unternehmen, Tourmaline Oil. Als Startkapital investierte Tourmalines Management 253 Mio. CAD an eigenem Geld. Im November 2010 erfolgte, verbunden mit einer Kapitalerhöhung über 228 Mio. CAD, der Börsengang. Das Management erwarb 30 Prozent der angebotenen Aktien selbst.

Tourmaline Oil: Kaufen, wenn andere aussteigen (müssen)!

Tourmaline Oil wuchs schnell durch den Kauf kleinerer Konkurrenten. Das Management war von Anfang an bemüht, die Schuldenquote niedrig zu halten und das Wachstum mit selbst erwirtschafteten Mitteln zu finanzieren. Tourmaline Oil verlor von Juli 2014 bis März 2020 wegen des Gaspreisverfalls 80% an Kurswert. Dennoch gelangen in dieser Zeit die größten Übernahmen. Als wegen der Corona-Pandemie der ganze Energiemarkt am Boden lag, tätigte Tourmaline Oil Unternehmensaufkäufe im Volumen von 2,3 Mrd. CAD – bezahlt in Cash und in eigenen Aktien. Wo andere zaghaft waren, griff Mike Rose mutig zu.

Das Wachstum des Unternehmens war in der Tat eindrucksvoll: 2011 förderte Tourmaline Oil 23.000 boepd (Barrel Öläquivalente pro Tag), 2021 wurde „Platzhirsch“ Canadian Natural Resources als bis dahin größter Gasförderer Kanadas überholt. Die Produktion lag 2022 erstmals über 500.000 boepd (2021: 441.115 boepd) und soll 2023 weiter auf 520.000-540.000 boepd steigen: 80% davon Erdgas, der Rest Öl und flüssige Gasbestandteile. Die Fördergebiete Alberta Deep, Montney und Peace River liegen alle im westkanadischen Becken – in der Region, in der Mike Rose sein ganzes Berufsleben gearbeitet hat. Der Aktienkurs von Tourmaline Oil hat sich trotz der Berg- und Talfahrt seit dem IPO vor zwölfeinhalb Jahren verdreifacht.

Der “Grünste” unter Kanadies Öl- und Gasriesen

Als Gasproduzent ist Tourmaline Oil auch der „Grünste“ der vier großen kanadischen Energieunternehmen. Die Treibhausgas-Intensität liegt unter einem Drittel der Konkurrenten Canadian Natural Resources, Suncor Energy und Cenovus Energy. Mike Rose baut nach eigenem Selbstverständnis „ein Ölunternehmen für die Ära nach dem Erdöl“ auf: „Mike spricht über Erdgas als langfristige Lösung für unseren Energiebedarf im Übergang zu den Erneuerbaren, der noch einige Jahrzehnte dauern wird“, so Chris Potter, Chief Executive der in Calgary ansässigen Investmentbank Peters & Co.

Tourmaline Oil 2022: Jahr der Rekorde

2022 war für Tourmaline Oil ein Rekordjahr, das sich so wohl nur schwer wiederholen lässt. Es kam beides zusammen: Das Unternehmen erntete die Früchte seiner Expansion, durch die es nicht nur zu Kanadas größtem, sondern auch zu Nordamerikas kosteneffizientesten Gasförderer geworden war. Denn durch die zahlreichen Übernahmen wurden nicht nur Gasfelder erworben, sondern auch jede Menge an Midstream-Infrastruktur, darunter 9.200 km an Pipelines. Dazu kam der krisenbedingt hohe Gaspreis. Am 1. März 2023 veröffentlichte Tourmaline Oil die Zahlen für das letzte Geschäftsjahr:

  • Umsatz: 7,74 Mrd. CAD (+66% ggü. Vorjahr)
  • Cashflow: 4,88 Mrd. CAD (+67%)
  • Nettogewinn: 4,49 Mrd. CAD (+121%)
  • Gewinn je Aktie: 13,10 CAD (+105%)
  • Investitionen (CapEx): 1,88 Mrd. CAD (+18%)
  • Schulden per 31.12.2022: 494 Mio. CAD (-49%)
  • Dividenden: Aus dem freien Cashflow von 3,2 Mrd. CAD wurden 7,90 CAD pro Aktie an regulären und Sonderdividenden ausgeschüttet, was bei einem durchnittlichen Aktienkurs von 66,94 CAD einer Dividendenrendite von 12% entspricht
Tourmaline Oil Gas Aktie Bilanz Produktion
Graphik: Überblick zur Produktion, den Reserven und den Kosten je Barrell Öläquivalent. Quelle: Tourmaline Oil

Im Geschäftsjahr 2023 soll die Förderung leicht auf 520.000-540.000 boepd steigen (Q1 2023: 525.916 boepd). Wegen des niedrigeren Öl- und Gaspreises erwartet das Unternehmen einen Rückgang des Cashflows auf 3,8 Mrd. CAD. 50% bis 90% des voraussichtlichen freien Cashflows von 2 Mrd. CAD sollen auch 2023 an Dividenden ausgeschüttet werden. Bei einem Aktienkurs von 60 CAD ergibt sich eine Free Cashflow Yield von 10%.

Wohin geht der Gaspreis?

Die entscheidende Unbekannte bei den Ertragsprognosen für Tourmaline Oil ist der Preis für Erdgas, der noch viel volatiler als der Ölpreis ist. Das Unternehmen hat etwa 30% der Produktion über Futures-Kontrakte abgesichert. Das sorgt für etwas Planungssicherheit, unabhängig von Preisschwankungen ist der Gasförderer natürlich nicht.

Basierend auf Bedarfsschätzungen der Internationalen Energieagentur (IEA) und angesichts absehbarer Probleme (Förderkürzung OPEC+, Rückgang bei US-Fracking) erwarten zunehmend mehr Beobachter in der zweiten Jahreshälfte 2023 ein Angebotsdefizit bei Öl und Gas. Dieses Jahr wird auch erstmals mehr Geld in die Solar als in die Ölbranche fließen, wie eine IEA-Prognose zeigte. Autor Zoltan Ban hat auf dem Anlegerportal Seeking Alpha einen gut recherchierten Artikel unter der Überschrift „A Few Months Away From Potential Start Of Global Energy Crisis“ veröffentlicht (auf Deutsch: Wir sind nur noch einige Monate vom Start einer globalen Energiekrise entfernt). Für jeden, der Aktien von Öl- und Gasförderern besitzt, sind das gute Nachrichten.

Tourmaline Oil: Ein attraktives Investment?

Fazit: Kurzfristige Prognosen sind auch hier schwierig bzw. unmöglich. Auf längere Sicht dürfte Tourmaline Oil ein attraktives Investment sein. Unternehmensinsider scheinen jedenfalls dieser Meinung zu sein. Sie haben in den vergangenen zwölf Monaten in größerem Umfang Aktien dazugekauft. Der Aktienkurs ist bei einem KGV von etwa 5 und einer prozentual zweistelligen Dividendenrendite gut nach unten abgesichert. Das Unternehmen ist Kostenführer und nur gering verschuldet. Da der Ausbau der erneuerbaren Energien viel langsamer erfolgt als eigentlich erforderlich, werden die Preise für alle fossilen Energieträger in der näheren Zukunft steigen. So sehen es jedenfalls viele Analysten, zumal in der Öl- und Gasbranche insgesamt wenig investiert wird. Tourmaline Oil ist hier im Bereich Erdgas gut aufgestellt. Die Produktion soll in den kommenden Jahren auf bis zu 800.000 boepd steigen. Das Kapital dafür ist vorhanden, und auch die Gas-Ressourcen, die für die nächsten 75 Jahre reichen.

Auch die Vermarktung ist gesichert. So wurde im Januar 2023 das erste Gas an die Verflüssigungsanlage von Cheniere Energy in Corpus Christi (Golf von Mexiko, USA) geliefert. Eine Gasverflüssigungsanlage an der kanadischen Pazifikküste ist im Bau. Schlecht für uns: Dieses LNG wird nach Asien exportiert, nicht nach Europa.

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Graphiken/Tabellen/Bilder: Tourmaline Oil

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